Hochbegabte Kinder fördern – ohne Druck, aber mit Wirkung
Wie du dein Kind begleitest, statt es zu lenken.
Hochbegabte Kinder zu fördern – das klingt nach Chancen, aber manchmal auch nach Druck. Denn du spürst: Wenn es gelingt, kann aus dieser Begabung etwas Wunderbares entstehen – Neugier, Kreativität, vielleicht sogar echte innere Stärke. Doch Eltern von hochbegabten Kindern merken im Umgang mit Schule und Alltag schnell: Hochbegabung braucht mehr als nur Förderung. Denn Sie bringt auch Momente, in denen dein Kind an Grenzen stößt oder sich unverstanden fühlt.
Wirklich fördern heißt deshalb nicht, dein Kind schneller oder weiter zu pushen. Sondern zu verstehen, was dein Kind braucht, um mit seiner Begabung gut leben und sie auch nutzen zu können.
In diesem Artikel erfährst du:
Der erste Schritt: echtes Verstehen statt noch mehr Wissen
Wirklich fördern bedeutet nicht, dein Kind mit Lernstoff oder Projekten zu beschäftigen, die „seiner Intelligenz entsprechen“. Es bedeutet, hinter die Leistung zu schauen – auf das, was dein Kind innerlich bewegt. Hochbegabte Kinder brauchen Freiraum, um zu denken, und Sicherheit, um zu fühlen. Sie lernen am meisten, wenn sie sich verstanden, nicht bewertet fühlen.
Förderung beginnt also nicht im Klassenzimmer, sondern im Alltag: in Gesprächen, im Zuhören, im gemeinsamen Entdecken. Wenn du verstehst, warum dein Kind auf eine bestimmte Weise reagiert, kannst du es dort abholen, wo seine Stärken entstehen – mitten im Chaos, mitten im Leben. Und genau hier hilft eine entscheidende Frage weiter:
Wie fühlt sich Hochbegabung eigentlich an?
Hochbegabung fühlt sich oft intensiver an: Gedanken rasen, Gefühle sind stärker, Neugier und Perfektionismus treiben an. Betroffene erleben schnelle Verknüpfungen, kreative Ideen und tiefe Empfindsamkeit – gleichzeitig kann Reizüberflutung, Frust oder innere Unruhe entstehen, wenn Umgebung und Tempo nicht mithalten.
Eine Coaching Kundin mit Hochbegabung hat dieses Gefühl so beschrieben: “Es fühlt sich an, als würde Kopf und Herz manchmal in unterschiedlichem Tempo leben.”
Was tun bei hochbegabten Kindern?
Eltern sollten hochbegabte Kinder individuell fördern: Neugier zulassen, Überforderung vermeiden, emotionale Sicherheit geben und passende Lernumgebungen schaffen. Wichtig sind Freiräume, Anerkennung ohne Druck, Austausch mit Fachleuten und gegebenenfalls eine Begabungsdiagnostik – um Stärken gezielt zu unterstützen und soziale wie emotionale Balance zu fördern.
Doch dazu ist es für Eltern von hochbegabten Kindern wichtig, auch die Herausforderung zu kennen. Weil Hochbegabung ist kein Garant für Leichtigkeit – sie ist ein Verstärker. Genau darin liegen die größten Chancen – und gleichzeitig die größten Herausforderungen.
Wer ein hochbegabtes Kind wirklich fördern will, muss diese Dynamik verstehen. Denn nur, wenn du erkennst, wo Begabung ins Ungleichgewicht gerät, kannst du deinem Kind helfen, daraus Stärke zu machen.
Wenn Begabung zur Herausforderung wird
Wenn dein Kind schneller denkt, als es kann
Allgemein verläuft bei Hochbegabten die Entwicklung von Körper und Geist nicht gleich schnell. Ihr Denken ist häufig schneller entwickelt als die motorischen Fähigkeiten. Dabei kommt es häufig vor, dass hochbegabte Kinder einige Entwicklungsschritte komplett überspringen.
Eine der Annahmen ist, dass sie die Tätigkeiten vorher im Kopf üben und dann durch rein mentales Training ausführen können. Das heißt beispielsweise häufig zu laufen, ohne vorher zu krabbeln oder von einem Tag auf den anderen Fahrrad fahren zu können.
Hochbegabte Kinder erleben viele Stresssituationen
Hochbegabte Kinder sind in ihrer Entwicklung nur selten altersentsprechend und häufig anderen weit voraus. Das kann zum einen Stress durch Unterforderung auslösen. Zum anderen ist aber kein Hochbegabter auf allen Gebieten den anderen voraus. Dadurch sind sie in Bereichen, in denen sie normal begabt sind, häufig mit zu hohen Erwartungen konfrontiert.
Infolge sind sich hochbegabte Kinder oftmals ihres Könnens und in ihrer Selbsteinschätzung unsicher. Das wiederum resultiert durchaus auch in Überforderung. Für Eltern von hochbegabten Kindern bedeutet das: abzuschätzen, wo das eigene Kind welchen Entwicklungsstand hat – und dann zu unterstützen wo notwendig und Freiraum zu geben, wo möglich.
Zwischen Neugier und Anpassung – wenn Kinder ihre Begabung verstecken
Das außergewöhnliche Denktempo, die schnell wechselnden und vielfältigen Interessenbereiche sind häufig ungewöhnlich. In Gesprächen hängen die Kinder Gleichaltrige, aber durchaus auch Erwachsene schnell ab. Dabei ist es besonders wichtig, mit den Kindern über ihre Welt zu sprechen und zu versuchen, diese zu verstehen. Sie versuchen an sie gestellten Erwartungen gerecht zu werden.
Häufig imitieren hochbegabte Kinder Gleichaltrige und verstecken ihre Talente aus dem Wunsch heraus, dazuzugehören. Sie werden Experten darin, eine andere Rolle einzunehmen, und lernen sehr früh, sich an anderen zu orientieren – bis hin zu dem Gedanken, dass andere besser und sie selbst defizitär sind.
Sie können sich häufig so gut anpassen, dass ihre besonderen Potenziale sogar verkümmern.
Soziale Schwierigkeiten im Umgang mit Gleichaltrigen
Hochbegabte Kinder präferieren häufig ältere oder erwachsene Ansprechpartner. Denn diese entsprechen eher dem intellektuellen Niveau, stellen aber im Gegenzug höhere Erwartungen. Deshalb empfinden sie sich selbst schnell als ungenügend – da sie motorisch häufig nicht mithalten können. Das kann sogar dazu führen, dass das kleinere Kind auf dem Spielplatz ausgegrenzt und ausgelacht wird. Zudem ecken hochbegabte Kinder bei Gleichaltrigen häufig durch altersuntypische Interessengebiete und Sachwissen an.
Das ist auch für Eltern von Hochbegabten Kindern schwer zu verkraften und eine große Herausforderung.
Hochbegabte Kinder zwischen Gerechtigkeitssinn und Überforderung
Körperlich aggressives Verhalten ist für hochbegabte Kinder oft nur schwer zu ertragen. Rempeleien auf dem Spielplatz oder Schulhof sind für sie eine Qual. Es kann jedoch durchaus sein, dass ein motorisch geschickter Hochbegabter auch für Jüngere oder Schwächere einsteht und hilft, da Hochbegabte häufig ein starkes Gerechtigkeitsempfinden haben.
Auch wenn Aggressionen primär eher selten sind, kann beispielsweise andauernde Unterforderung einen derart starken Frust auslösen, dass diese Kinder durchaus störend und gar aggressiv auffällig werden. Dies ist jedoch eher als Hilferuf zu verstehen.
Hochbegabte Kinder wollen Inhalte verstehen
Etwas, das unlogisch oder sachlich nicht richtig ist, wird daher häufig hinterfragt und diskutiert. Das Leben und Einhalten von Regeln und Grenzen kann dabei eine besondere Herausforderung werden und Eltern stark fordern.
Wenn Eltern, Lehrer und Erzieher ständig hinterfragt werden und die Kinder deren Autorität in Frage stellen, wirken die Kinder neunmalklug, respektlos und widersetzlich – auch wenn sie auf Fakten hinweisen.
Ein besonders hohes oder besonders geringes Schlafbedürfnis
Typisch sind Schwierigkeiten beim Ein- und Durchschlafen. Es wird ein Zusammenhang mit der emotionalen Wahrnehmung vermutet, wenn Gefühle tagsüber nicht ausreichend verarbeiten werden.
Hier können Eltern eine Gesprächskultur etablieren, in der sie über ihre eigenen Gefühle sprechen und verbal aufzeigen, wie sie diese regulieren. Beispielsweise erkundigen, wie es ihm heute ergangen ist und wie es sich fühlt, anstelle von Fragen, die darauf abzielen, was es heute getan hat. Diese Gefühlskultur innerhalb der Familie im Umgang mit hochbegabten Kindern zu etablieren ist eine wichtige Prävention, um körperliche Auswirkungen zu verhindern.
Hochbegabte Kinder langweilen sich schnell
Das kann bis hin zum Boreout führen. Schwierige Aufgaben können dabei eine regelrechte Euphorie auslösen und einen fast meditativen Zustand, in dem die Kinder total in der Materie aufgehen und nicht mehr ansprechbar sind.
Es ist besonders wichtig, dass Kinder Herausforderungen erleben, die sie schaffen können, denn dies schüttet Endorphine aus. Diese werden nur ausgeschüttet, wenn wirklich eine Anstrengung notwendig war. Das Erfolgserlebnis mit den Glückshormonen ist ein wesentlicher Antrieb, damit das Kind sich wieder anstrengen möchte, und darüber hinaus auch eine wichtige Voraussetzung, um die Neugier auf Neues zu erhalten.
Perfektionismus bei hochbegabten Kindern – wenn gut nie gut genug ist
Hochbegabte Kinder führen manche Tätigkeiten gar nicht erst aus, weil sie einen hohen Anspruch an sich selbst haben. Sie malen häufig nicht, da ihre Bilder nicht der Realität entsprechen und sie mit dem Ergebnis nicht zufrieden sind.
Vor lauter Frust zerstören sie gegebenenfalls die Zeichnung oder die Stifte. Das kann zu Fehlinterpretationen anderer führen, und das Kind ist häufig selbst noch nicht in der Lage, sein Dilemma zu schildern. Deshalb hilft es bei der Förderung von hochbegabten Kindern, Fehler als Teil des Lernens zu sehen – damit Begabung nicht an überhöhten Erwartungen scheitert, sondern sich entfalten darf.
Hochbegabte Kinder können besonders energetisch oder zurückgezogen sein
Manchmal lasten sie sich körperlich extrem aus, wenn sie geistig unterfordert sind. Hochbegabte Kinder können aber auch sehr zurückgezogen und ruhig sein. Gerade hier, ist es besonders wichtig, genau hinzusehen, ob das Kind zufrieden ist und seine Bedürfnisse erfüllt sind oder ob es Unterstützung benötigt.
Im Umgang mit hochbegabten Kindern heißt deshalb, diese Signale früh zu erkennen und richtig einzuordnen.
Reizüberflutung
Hochbegabte Kinder – aber auch hochbegabte Erwachsene – leiden häufig unter Reizüberflutung. In Einkaufszentren, auf Veranstaltungen oder aber auch im Kindergarten ist die Lautstärke für sie zum Teil unerträglich. Infolge halten sich hochbegabte Kinder häufig die Ohren zu oder weinen. Sie selbst können durchaus laut sein oder laute Musik genießen. Jedoch nur, wenn sie die Lautstärke selbst kontrollieren können.
Gleiches gilt für überhöhte Licht-, Berührungs- und Geruchsempfindlichkeit. Sie können sich dann nicht wohlfühlen oder konzentrieren.
Anders sein – und trotzdem dazugehören
Manchen Eltern fällt bei Kindern mit Eintritt in den Kindergarten oder in die Schule eine plötzliche Veränderung im Wesen des Kindes auf. Wenn die Kinder zum ersten Mal mit größeren Gruppen Gleichaltriger zusammen sind, nehmen sie sich zum ersten Mal als anders wahr.
Besonders introvertierte, aber auch besonders energetische Kinder erleben es als Herausforderung, adäquat auf andere Kinder zuzugehen. Eltern von hochbegabten Kindern können helfen, Gleichgesinnte zu finden – beispielsweise über Vereine, und mit ihnen üben, auf andere Kinder zuzugehen.
Wenn Können und Leistung nicht zusammenpassen
All diese Facetten zeigen: Hochbegabung ist kein geradliniger Weg, sondern ein ständiges Austarieren zwischen Können, Fühlen und Wollen. Manche dieser Hürden verschwinden mit der Zeit – andere wachsen leise mit.
Und genau daraus entsteht eines der größten, oft übersehenen Themen in der Förderung von hochbegabten Kindern: das Underachievement.
Underachievement – wenn Begabung bremst, statt zu beflügeln
Es klingt widersprüchlich: Ein Kind mit außergewöhnlicher Begabung, das in der Schule oder im Alltag unter seinen Möglichkeiten bleibt. Doch oft steckt kein Unwille dahinter, sondern Frust, Langeweile, Perfektionismus oder der Wunsch, nicht mehr „anders“ zu sein.
Underachievement heißt nicht einfach „keine Lust“ oder „mangelnde Motivation“. Es bedeutet: Dein Kind zeigt deutlich weniger Leistung, als seine kognitiven Fähigkeiten erwarten lassen.
Viele hochbegabte Kinder lernen lange nicht, sich anzustrengen – weil ihnen alles leichtfällt. Sie keinen Spaß und lernen nicht, zu lernen. Treffen sie dann erstmals auf echte Herausforderungen, fehlt die Erfahrung, dranzubleiben. Manche verweigern aus Angst zu scheitern, andere, weil Aufgaben ihnen sinnlos erscheinen. Wichtig im Umgang mit hochbegabten Kindern und Schule: Was aussieht wie Faulheit, ist meist Selbstschutz.
Hochbegabte Kinder zu fördern bedeutet hier vor allem: echte Neugier wecken, passende Herausforderungen bieten, Fehler zulassen und emotionale Sicherheit schaffen. Wenn du verstehst, warum dein Kind sich zurückzieht, beginnt Förderung fast von selbst – nicht durch Druck, sondern durch Beziehung.
Hochbegabte Kinder in der Schule – wo es oft hakt
Ich persönlich bin irritiert und genervt vom Umgang mit pauschalen Empfehlungen zur Förderung von hochbegabten Kindern. Immer früh einschulen, sofort überspringen oder ähnliches. Das sage ich als ausgebildete Expertin, die sich im Coaching täglich damit befasst. Und das vertrete ich auch aus persönlicher Erfahrung: Ich war das Kind, das früher eingeschult wurde und mehrere Klassen übersprungen hat und den Master mit Auszeichnung mit Anfang 20 hatte. Das hatte aber auch erhebliche Schattenseiten.
Es gibt viele Hochbegabte, die sehr gute Leistungen erbringen und absolut unauffällig sind. Es sind tatsächlich jedoch knapp 45%, die ihre Hochbegabung auch als Belastung wahrnehmen. Deswegen ist es im Umgang mit hochbegabten Kindern für Eltern so wichtig, sich diese Herausforderung bewusst machen.
Wie fördert man hochbegabte Kinder?
Hochbegabte Kinder zu fördern gelingt, indem man ihnen vertiefende Aufgaben, projektorientiertes Lernen und echte Denkherausforderungen ermöglicht. Wichtig sind offene Fragen, selbstständiges Arbeiten, Zugang zu erweiterten Lernangeboten und das Erkennen individueller Interessensgebiete. Förderung gelingt, wenn Kinder lernen dürfen, wie man lernt – nicht nur, was man weiß.
Förderung heißt von hochbegabten Kindern nicht „mehr Stoff“, sondern bessere Reibungsfläche. Kinder mit schnellem Denken brauchen Aufgaben, die ihnen das Gefühl geben, wirklich etwas zu entdecken – nicht nur etwas abzuarbeiten. Wenn du die natürliche Neugier deines Kindes so lenkst, dass es eigene Wege findet, entwickelt es genau das, was später den Unterschied macht: innere Motivation, statt äußerem Druck.
Um hochbegabte Kinder zu fördern, gibt es spezielle Angebote wie Hochbegabtenkurse, Enrichment-Programme oder Schülerlabore. Sie können wertvoll sein – aber nur, wenn sie zu deinem Kind passen und kein zusätzlicher Druck entstehen muss. Die wichtigste Förderung passiert nicht in Programmen, sondern in Momenten, in denen dein Kind sich verstanden fühlt und echte Neugier leben darf.
Hochbegabung ist eine große Chance – aber nur, wenn du verstehst, was in deinem Kind vorgeht. Wenn du das Gefühl hast, dass ihr im Alltag an manchen Punkten feststeckt oder dir manchmal der Kompass fehlt, kann ein Gespräch helfen, wieder Orientierung zu gewinnen.
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Von Marina Bernardo
Gründerin von Coachiba, Unternehmerin und zweifache Mama.



