Hochbegabung Teil 3
Woher kommt Hochbegabung und was sind die Ursachen?
Du bist direkt hier eingestiegen? Dann möchtest du vielleicht zuerst Teil 1 – Hochbegabung erkennen lesen. Wenn du wissen möchtest, woher Hochbegabung kommt und was die Ursachen sind, dann findest du hier Antworten und noch einiges mehr: ganz typische Herausforderungen, die Eltern hochbegabter Kinder teilen, Anlaufstellen für Hilfe und einige Infos rund um meinen persönlichen Bezug zum Thema.
Hier erfährst du:
Was wissen wir denn über die Ursachen und Entwicklung von Hochbegabung?
Die Frage ist stark umstritten und man findet Studien und Aussagen, die jede der Theorien belegen. Im Groben besteht jedoch Einigkeit, dass sowohl die Vererbung als auch die Umwelteinflüsse mit der Entstehung der Hochbegabung zusammenhängen. In welcher prozentualen Auswirkung bleibt ungewiss. Wenn du das ganz genau verstehen möchtest, empfehle ich dir das Buch Erblichkeit der Intelligenz: Eine Klarstellung au biologischer Sicht von K.F. Fischbach und M. Niggeschmidt aus 2016.
Gentische Disposition als eine der Ursachen für Hochbegabung
Woher kommt Hochbegabung? Zum einen ist es eine genetische Disposition. Ich erkläre die Ursachen für Hochbegabung stark verkürzt und medizinisch enorm vereinfacht: Vieles deutet darauf hin, dass die Funktionsweise der neuronalen Netze anders ist und diese außerdem stärker erregbar sind.
Somit sind das bereits angeborene Faktoren. Wenn diese Kinder dann in ihrer Umgebung viel Stimulation erfahren, können sich besonders vielfältig vernetzte Strukturen bilden und dadurch besondere Leistungen ermöglichen.
Dr. Jürgen vom Scheidt, Diplompsychologe, wertete 2004 zahlreiche Studien aus und kommt zum Schluss, dass das Gehirn von Hochbegabten Informationen unter anderem schneller und komplexer verarbeiten kann. Das kann auch auf Sinnesreize und emotionale Reize zutreffen.
Man könnte daraus schließen, dass höher begabte Kinder mit möglichst vielen Informationen gefüttert werden müssen. Das ist jedoch so nicht richtig. Es ist wichtig, dass die Informationen geordnet, regelmäßig und mit genug Ruhepausen vermittelt werden.
Am besten lernen hochbegabte Kinder daher selbstbestimmt mit selbst gewählten Inhalten. Das ist der beste Schutz vor Overload und Unterforderung. Dasselbe gilt es für außerschulische Förderung, aber ebenso Sport- und Freizeitprogramme für alle Kinder zu bedenken.
Freispiel ist nach wie vor eine der wichtigsten Arten, zu lernen, und dafür brauchen Kinder eben freie (!) Zeit! Und einfach mal chillen, um das Gelernte auch sacken zu lassen. 😊 Mach also durchaus Lernangebote, wenn dein Kind dafür gerade aber keinen Kopf hat, dann ist das völlig in Ordnung! Dein Kind braucht Platz und Zeit, um sich und seine Interessen selbst zu finden.
Woher kommt Hochbegabung – Umwelteinflüsse als eine der Ursachen
Eine genetisch bedingte Veranlagung zur Hochbegabung bedeutet nicht zwingend, dass sich eine erhöhte Intelligenz oder eine Hochbegabung ausbilden muss. Verschiedene Umwelteinflüsse wirken als Ursachen für Hochbegabung sowohl positiv als auch negativ. Einige Forscher besagen, dass der Einfluss des sozialen Umfeldes – zumindest in jungem Alter – weitaus größer ist als der Einfluss genetischer Faktoren.
Leider kann eine in früher Kindheit diagnostizierte Hochbegabung durchaus wieder verloren gehen, wenn keine adäquate „Förderung“ erfolgt.
Förderung ist hier nicht gleichzusetzen mit möglichst vielen Kursen, Sprachangeboten oder Ähnlichem. Einer der wichtigsten förderlichen Faktoren in der frühen Kindheit ist die Kommunikation! In einer Studie wurde ermittelt, dass 15 % der ursprünglich als hochbegabt eingestuften Kinder nach einem Zeitraum von 6 Jahren dieses Ergebnis nicht erneut erzielen konnten.
Dr. Arnold und Prof. Franzis Preckel beschreiben in ihrem Buch “Hochbegabte Kinder klug begleiten”: Bei Kindern und jüngeren Jugendlichen wird der Umwelt für die Ursachen Hochbegabung ein hoher Einfluss zugeschrieben, der im Lauf der Entwicklung immer weiter zurücktritt. Im späten Jugendalter und frühen Erwachsenenalter haben dann die erblichen Anlagen wieder einen stärkeren Einfluss. Je älter wir werden und je eher wir uns Umfelder aussuchen oder schaffen, die zu uns passen, desto stärker scheint daher der Einfluss unserer Gene auf die Intelligenz zu werden.
Woher kommt Hochbegabung? Dein Einfluss als Elternteil
Bindung vor Bildung
„Physiologische Bedürfnisse und Bedürfnisse nach Sicherheit, Liebe und Anerkennung müssen erfüllt sein, bevor eine Förderung stattfinden kann…“ (Wild, Hofer & Pekrun, 2006). Und dafür sind in großem Maße die Eltern zuständig.
Diana Baumrind war eine Enwticklungspsychologin, die die Kindererziehung stark modernisierte und mit ihrer Forschung zur antiautoritativen Erziehung prägte. Ihre Aussage “Kinder brauchen erst Wurzeln, dann Flügel.” bezieht sich auf eine vorhandene sichere Bindung, um dann mit dem Vertrauen für das Explorationsverhalten die Flügel zu bekommen. In diesem Artikel findest du mehr zur Entstehung von sicherer Bindung.
Woher kommt Hochbegabung? Familie
Wie DU die Entwicklung der Hochbegabung bei deinem hochbegabten Kind beeinflusst:
Das elterliche Erziehungsverhalten hat Auswirkungen auf die Entwicklung des IQ.
In Familien mit starken Beziehungen, wo Kinder ohne Härte lernen, gesetzte Grenzen zu respektieren, verbessern sich die IQ-Werte.
Eine wesentliche Rolle spielen viel elterliche Wärme, hohe Anteilnahme und das Interesse der Eltern am Leben und vor allem Fühlen der Kinder. Ein weiteres Merkmal ist der Stellenwert der sprachlichen Kommunikation (Freeman, 2000 und Perleth, 2006). Der Fokus auf eine bejahende Umgebung statt einer Forderung nach Gehorsam ist essenziell.
An dieser Stelle betone ich, was für alle Kinder gilt, mit den Worten der Autoren des Buches „Mit intelligenten Kindern intelligent umgehen“: Denn Bestrafung ist immer negativ besetzt. Damit kann man zwar ein unerwünschtes Verhalten abschalten, aber lenkt damit den Blick auf die Vergangenheit und nicht auf das gewünschte konstruktive Verhalten für die Zukunft.
Dies weiter auszuführen sprengt hier leider den Rahmen, aber Erziehung ist einer der Schlüssel zu Begabung und Leistung. Und negative Erziehungsaspekte bewirken das Gegenteil. Für weitere Informationen lies gern die Artikel zu Erziehung!
Damit aus Begabung auch Leistung wird …
Eingangs habe ich dir berichtet, dass zur Leistungsentwicklung außerdem persönliche Faktoren wie Neugier, Motivation, Resilienz, Konzentration und Durchhaltevermögen gehören.
Dies sind persönliche Faktoren, die durch ein stimulierendes Umfeld begünstigt werden. Das bereits angesprochene positive Erziehungsverhalten – beispielsweise durch bedürfnisorientierte Erziehung – hat dadurch natürlich auch maßgeblichen Einfluss auf die Entwicklung des Unterbewusstseins und beispielsweise des Selbstwertgefühls. Beides kann Leistung erheblich behindern oder unterstützen.
In der Förderung von (hochbegabten) Kindern geht es explizit nicht darum, eine Eliteschmiede zu betreiben. Es geht darum, den Kindern die jeweils besten Entwicklungsmöglichkeiten zu bieten und aufmerksam für ihre Bedürfnisse und ihre spezifischen Probleme zu sein. Und das sollte sowieso auf alle und nicht nur auf hochbegabte Kinder zutreffen.
Außergewöhnliche Lösungen und meine eigenen Erfahrungen
In Teil 2 meiner Blogreihe zum Thema Hochbegabung ging es um Herausforderungen von Hochbegabten. Ich möchte hier noch einmal kurz darauf eingehen, dass Ressourcen auf jeden Fall vorhanden sind, um diese auch erfolgreich zu bewältigen. Denn wer, wenn nicht ein Hochbegabter, findet außergewöhnliche Lösungen für seine Herausforderungen?!
Ich erlebe auch in meiner Arbeit mit Erwachsenen mit Hochbegabung, dass gerade sie sehr spannende Entwicklungen und Lebenswege aufweisen und durch besondere Vielfalt oder herausstechende Expertise auffallen.
Auf den ersten Blick sieht man jedoch nur die Ergebnisse, aber nicht die Anstrengung, die dahintersteht. Der Erfolg ist auch den Hochbegabten meist nicht zugeflogen, sondern – wie wahrscheinlich in jedem Fall – hart erarbeitet worden und auch mit Herausforderungen einhergegangen.
Ich selbst habe 2 Klassen übersprungen und bereits mit 16 Abitur gemacht. War ich eine Einser-Schülerin? Nein, weit gefehlt.
Für mich war die Schule eine ganz schreckliche Zeit. Ich erinnere mich an Aussagen von Lehrern, dass sie schon zu verhindern wüssten, dass ich mit 16 mein Abitur mache. In meinem Fall hat das nicht meinen Ehrgeiz geweckt, sondern Resignation und Hilflosigkeit ausgelöst. Dass mich Klassenkameraden zum Teil seltsam behandelten, da ich 2 bis 3 Jahre jünger war und mich mehrfach in neue Klassen integriert habe, war für mich hingegen nur logisch. In Summe führte das dazu, dass ich, wann immer möglich, die Schule geschwänzt und Hausaufgaben nicht gemacht habe.
Doch Herausforderungen sind da, um gelöst zu werden.
Ich habe daher für mich selbst schon sehr früh das Thema Veränderung entdeckt, es zu meinem Beruf gemacht und dadurch meine Berufung gefunden. Die besondere Vielfalt, die ich erleben durfte, prägt mich sehr.
Ich habe längerfristig in 6 Ländern gelebt, in verschiedenen Top Branchen gearbeitet und in 7 Jahren Unternehmensberatung die absolute Erfüllung gefunden. Meine vielen Kunden mit diversen Herausforderungen, Ansprechpartnern und viiiiiieeeelen Projekten, die ich leiten und erleben durfte, sind der Grund dafür. Und jetzt als Unternehmerin und Coach helfen mir eben diese vielfältigen Eindrücke und Expertise rund um Lösungsfindung und Veränderungen ungemein.
Ich möchte dir das aufzeigen, da eine schwierige Schulzeit für Kinder und deren Eltern eine große Belastung und bei hochbegabten Kindern leider keine Seltenheit ist.
Die Schulzeit entscheidet aber nicht, was aus deinem Kind wird! Die Schule wird irgendwann vorbei sein, und dann hat dein Kind viele Freiheiten, sich dahin zu entwickeln, wo es sich wohlfühlt. Dein Kind bringt alle Stärken mit, die es braucht, um das zu schaffen, und wenn es dafür aktuell Hilfe braucht, dann ist das völlig in Ordnung.
Ein Kind großzuziehen, das anders ist als andere Kinder, bedeutet immer auch eine besondere Ausgangslage für die Eltern.
Anfragen von Eltern hochbegabter oder hochsensibler Kinder betreffen häufig besondere Schwerpunkte. Diese möchte ich dir aufzeigen und verdeutlichen, dass du damit keinesfalls allein bist!
Typische Elternanliegen von Kindern mit Hochbegabung sind:
Hilfe für Hochbegabte
Als Erwachsene tragen wir die Verantwortung für unsere Zufriedenheit. Auch für unsere Kinder tragen wir lange Verantwortung für alle Bereiche, die sie (noch) nicht selbst steuern können. Und das bedeutet, dass wir uns Unterstützung und ein Umfeld, ein Set-up, suchen müssen, in dem Eltern und Kinder kompetent und zufrieden sind. Dafür gibt es heute exzellente Möglichkeiten:
Vereine, Selbsthilfegruppen und Elterninitiativen sind meist regional organisiert – hier in meiner Region bei Frankfurt gibt es beispielsweise die SmartKids und die schlauen Füchse.
Netzwerke für Hochbegabte bieten online und offline die Möglichkeit, Gleichgesinnte zu finden. Das sind zum Beispiel die Deutsche Gesellschaft für das hochbegabte Kind e.V. oder die Hochbegabtenvereinigung MENSA. In manchen Vereinen muss man jedoch einen IQ von über 130 mit einem aktuellen Test nachweisen.
Wichtig ist zu verinnerlichen, dass du und dein Kind nicht alleine seid. Es gibt Anlaufstellen für kompetente Unterstützung und es gibt viele andere Familien, in denen ähnliche Herausforderungen bestehen. Ich selbst bin spezialisiert auf die ganz individuelle Beratung von Eltern. Meist arbeite ich online mit Eltern zusammen.
Du wünschst dir Hilfe bei euren Herausforderungen?
Gemeinsam finden wir, die für euch passenden Lösungen für eure Fragen. Melde dich gerne für ein kostenfreies Erstgespräch.
Tipps
Für Eltern hochbegabter Kinder
Viel hilft viel, ist in diesem Kontext falsch! Füttere dein Kind nicht zwangsweise mit Wissen, um seine Begabung zu fördern. Am besten lernen hochbegabte Kinder selbstbestimmt mit selbst gewählten Inhalten. Das ist der beste Schutz vor Overload und Unterforderung.
Die Familie des Kindes und seine primären Bezugspersonen, meist die Eltern, beeinflussen durch ihr „Erziehungsverhalten“ die Hochbegabung des Kindes und deren weitere Entwicklung deutlich stärker, als du vielleicht annimmst.
Lies dazu gerne die Artikelreihe über Auswirkungen der Kindererziehung und wissenschaftliche Erkenntnisse, was Strafen, Drohen und Schimpfen bei Kindern anrichtet.
Wild, Hofer & Pekrun, 2006: Psychologie des Lernens.
Von Marina Bernardo
Gründerin von Coachiba, Unternehmerin und zweifache Mama.
Alle Coachiba Blogbeiträge sind selbst verfasst und umfangreich recherchiert – ergänzt mit Tipps aus meiner Tätigkeit als Beraterin und Coach. Da im Netzt immer mehr Inhalte reiner KI-Tool Produkte auftauchen, ist es mir wichtig das bewusst zu machen.
Viel Spaß beim Lesen!