Kindererziehung Teil 3
Bedürfnisse von Kindern – was Kinder brauchen, um glücklich zu sein
Bedürfnisse von Kindern spielen in der Kindererziehung eine sehr wichtige Rolle. Dabei geht es jedoch nicht nur um die Frage was Kinder brauchen, um glücklich zu sein. Darüber hinaus sind die Bedürfnisse der Kinder die Lösung für viele Konflikte und Herausforderungen im Familienalltag. Um Kindern daher geben zu können, was sie brauchen, lernst du hier die Grundbedürfnisse der Kinder kennen.
In diesem Artikel findest du daher:
Die Bedürfnisse beziehungsweise die Grundbedürfnisse von Kindern zu verstehen ist wichtig, um in der Kindererziehung die dazu passenden Ansätze zu finden und in der jeweiligen Situation zu nutzen.
Nicht selten sind es die Bedürfnisse von Kindern, die “schwieriges” Verhalten der Kinder auslösen.
Welche Bedürfnisse haben Kinder?
Kurz zusammengefasst sind die wesentlichen Bedürfnisse von Kindern – auch Grundbedürfnisse: beständige liebevolle Beziehungen, Anerkennung, körperliche Unversehrtheit, Sicherheit und Geborgenheit sowie Möglichkeiten der Regulation.Das beinhält auch Grenzen und das Mitspracherecht. Werden diese Bedürfnisse erfüllt, entwickeln Kinder Vertrauen in sich und die Welt.
Physiologische und soziale Bedürfnisse von Kindern
Physiologische Bedürfnisse
Zu den Grundbedürfnissen von Kindern gehören physiologische Bedürfnisse, die den Körper am Leben erhalten: zum Beispiel Essen, Schlaf, frisches Wasser, Hygiene, Atemluft, Bewegung und Schutz vor Gefahren, Kälte oder Hitze.
Soziale Grundbedürfnisse
Grundbedürfnisse werden in der Psychologie untersucht, um herauszufinden, was Erwachsene oder Kinder brauchen, um glücklich zu sein und was uns motiviert.
Sie werden auch verwendet, um die Belastungen oder Folgen für die Psyche zu untersuchen, wenn eben diese Bedürfnisse von Kindern oder Erwachsenen nicht erfüllt werden. Dazu stelle ich dir die international anerkannte und gut erforschte Konsistenztheorie des deutschen Forschers und Psychologen Prof. Klaus Grawe vor.
Diese definiert 5 Grundbedürfnisse: Bindung, Orientierung & Kontrolle, Lustgewinn & Unlustvermeidung, Selbstwerterhöhung & Selbstwertschutz. Plus das Add-On: Konsistenz
Die Beschreibungen und Erklärung der entstehenden Mangelgefühle stammen stark verkürzt aus dem Buch “Psychologische Therapie” von Prof. Grawe (2000). Ich ergänze dir dazu Beispiele, wie du die jeweiligen Bedürfnisse bei Kindern erkennst. Denk beim Lesen gerne dran, dass du dieselben Bedürfnisse hast, wie dein Kind!
Bedürfnisse von Kindern – Bindung
Das Bedürfnis nach Bindung
Darunter fällt das Bedürfnis “Gesehen zu werden” aber auch die Liebe. Es geht um das Gefühl der Zugehörigkeit. Freunde, Gruppen und Familie zählen dazu. Denn evolutionärbedingt sind wir keine Einzelgänger. Das hätte früher unseren sicheren Tod bedeutet.
Babys und Kinder sind besonders auf Bindung angewiesen, um überhaupt überleben zu können. Über sichere Bindung findest du daher einen ausführlichen Artikel hier im Blog.
Wie zeigen sich Bindungs- Bedürfnisse von Kindern?
Bindungsverhalten bei Babys und kleinen Kindern findest du im bereits verlinkten Artikel.
Wichtige Merkmale von Bindungsbedürfnissen bei Kindern und Erwachsenen sind Vertrauen und Kommunikation: nach Rat fragen können, sich austauschen, gemeinsame Zeit verbringen.
Kinder suchen Bindung in Form von Aufmerksamkeit auch durch negatives Verhalten, selbst wenn es dann negative Aufmerksamkeit bewirkt. Kinder finden dafür treffsicher effiziente Strategien. Sachen werfen, die Schwester schlagen, den Eltern beim Telefonieren dazwischenreden oder, oder, oder. Auch weniger penetrante Ausdrucksformen sind darunter.
Wenn das Bedürfnis nach Bindung nicht erfüllt wird
entstehen sogenannte Mangelgefühle: Einsamkeit und ausgegrenzt zu sein. Häufig besteht eine Angst vor Enttäuschung.
Bindungserfahrungen machen aus, wie Erwachsene später Beziehungen gestalten und bedingen auch wesentlich unser Selbstwertgefühl.
Die Bedürfnisse Lustgewinn & Unlustvermeidung
Das Bedürfnis Lustgewinn & Unlustvermeidung
Tut es nicht gut zu lesen, dass es ein menschliches Bedürfnis ist, Dinge die schön sind zu wiederholen und unangenehme und schwierige Dinge zu vermeiden?
Und hier wird es dadurch kompliziert. Denn zum einen ist es normal, dass Kinder (und Erwachsene) etwas Unangenehmes nicht machen möchten. Zum anderen ist es sinnvoll, dass sie es dennoch tun, aber nicht dauerhaft. Denn eine erhöhte Anstrengung schüttet nach erfolgreicher Tätigkeit Dopamin als Belohnung aus.
Das sorgt dafür, dass das Kind die intrinische – eigene Motivation entwickelt. Es beeinflusst auch wie Kinder spätere herausfordernde Situationen bewerten, also ob sie sich diese zutrauen oder eben auch nicht.
Kindern geben was sie brauchen: Lustgewinn & Unlustvermeidung erkennen
Kinder sind deutlicher vom Lustgewinn motiviert als Erwachsene. Denke an die Motivation und Durchhaltevermögen, die du manchmal brauchst um an dein Ziel zu kommen. Das zu erlernen ist ein langwieriger Prozess. Wie kannst du dein Kind dabei bestmöglich unterstützen?
Das Klaus Grawe Institut beschreibt, dass die Erfahrungen in der Kindheit bewirken, ob du deine Umgebung (auch als Erwachsene) als positive Quelle oder als Risiko oder sogar Bedrohung empfindest. Ein Kind mit vielen unangenehmen Erfahrungen wird eher zweiteres empfinden. Und häufig sind Kinder kognitiv noch gar nicht dazu in der Lage dieses Empfinden selbstständig zu regulieren.
Das ist wichtig für die Entwicklung von Frustrationstoleranz. Dafür ist aber die (emotionale) Begleitung erforderlich. Und eine ausgewogene Balance zwischen Unlust und Lust, die je nach Kind ganz unterschiedlich sein kann.
Dabei kannst du berücksichtigen, dass dein Kind häufig Unlust und Rückschläge empfindet im natürlichen Entwicklungsprozess. Wie stark musste es sich anstrengen um laufen zu lernen, wie häufig ist es auch gestürzt? Häufig muss es etwas tun, auf das es gerade keine Lust hatte. Diesen Prozess braucht man also nicht auf unnatürliche Weise anzureichern.
Wenn das Bedürfnis Lustgewinn & Unlustvermeidung nicht erfüllt wird?
Dann erleben Kinder die Mangelgefühle Langeweile, Stress Müdigkeit und Überlastung. Sie bekommen den Eindruck, dass es sinnlos ist, etwas dagegen zu tun und fühlen sich abgestumpft. Ihre Motivation und oder Frustrationstoleranz leidet.
Bedürfnisse von Kindern: Orientierung und Kontrolle
Das Bedürfnis nach Orientierung und Kontrolle
beinhält den Wunsch die Welt, Systeme und Rahmenbedingungen zu verstehen und vorherzusehen. Das Verstehen alleine reicht jedoch nicht aus.
Denn darüberhinaus bedeutet dieses Bedürfnis auch die Mitgestaltungsmöglichkeit und Autonomie. Wie sieht der Tagesablauf aus? Wie gestaltet sich meine Zukunft? Aber auch die Kontrolle des eigenen Körpers und der Psyche fällt mit darunter.
Bedürfnisse der Kinder: Orientierung und Kontrolle erkennen
Sie zeigen sich wenn Kinder: Etwas allein machen wollen. Das beginnt früh bereits im Übergang vom Baby zum Kleinkind. Einen anderen Willen haben als die Eltern. Den Tagesablauf dadurch selbst bestimmen möchten. Ihre Zeit frei einteilen und selbst entscheiden möchten. Nicht selten zeigen sich diese Bedürfnisse von Kindern auch, indem sie sich widersetzen.
Bei diesem Bedürfnis spielt auch die Zuverlässigkeit eine wichtige Rolle. Kinder wollen sich auf andere, insbesondere ihre Eltern, verlassen können.
Wenn das Bedürfnis nach Orientierung und Kontrolle nicht gedeckt wird:
Hier besteht ein enger Zusammenhang mit der Selbstwirksamkeit. Was bedeutet es für Kinder wenn dieses Grundbedürfnis längere Zeit nicht gedeckt wird?
Dadurch entstehen die Mangelgefühle: Abhängigkeit, Angst, Unsicherheit und Hilflosigkeit.
Besonders ist das bei autoritären Erziehungsstilen der Fall. Mehr liest du dazu in meinem Artikel über Erziehungsstile.
Bedürfnisse von Kindern – Selbstwerterhöhung
Das Bedürfnis Selbstwerterhöhung & Selbstwertschutz
Sich selbst als “gut” zu empfinden und auch durch andere Anerkennung und Bestätigung zu bekommen.
Zum einen emotional für die eigene Persönlichkeit gemocht und geliebt zu werden. Also unabhängig von dem, was das Kind leistet, tut oder kann.
Aber auch fachliche Wertschätzung, für das, was es kann. Kinder möchten erfolgreich sein. Sie möchten Dinge schaffen und sie möchten, dass wir ihnen das zutrauen! Umso älter sie werden, vergleichen sie sich auch immer mehr mit ihrer Peer Group.
Wie erkennst du das Bedürfnis Selbstwerterhöhung & Selbstwertschutz?
Dein Kind sucht womöglich nach (neuen) Interessensgebieten. Möchte sich vermehrt beweisen oder zieht sich zurück. Vielleicht fordert es aktiv Vergleiche mit anderen ein oder bewertet andere, um sein eigenes Können in Relation zu stellen.
Kinder, die hier einen Mangel haben, sind bereit sehr viel zu tun, um gemocht zu werden. Sie können dabei auch sehr aufdringlich sein und damit andere eher zurückstoßen.
Selbstwertschutz kann auch bedeuten, dass Kinder Aggressionen zeigen, um sich zu schützen oder aber auch, um den eigenen Selbstwert durch Härte oder Dominanz zu verbessern.
Wenn das Bedürfnis Selbstwerterhöhung zu kurz kommt:
entwickeln sich Selbstzweifel. Die Mangelgefühle sind Scham, Minderwertigkeitsgefühle und sich nicht geliebt fühlen.
Das Bedürfnis der Konsistenz
Kindern geben, was sie brauchen: Konsistenz
Konsistenz bedeutet bei diesem Grundbedürfnis jedoch weniger die Beständigkeit. Es bedeutet einen Sinn im Leben zu haben und die eigenen Werte leben zu können. Das schätzt Grawe so wichtig ein, dass er seine komplette Bedürfnistheorie danach benannt hat.
Wie erkennst du die Bedürfnisse von Kindern nach Konsistenz?
Ein Kind braucht demnach die Sicherheit, dass das was es tut – nach seiner Bewertung – wichtig und wertbeitragend ist. Häufig spielt bei Schulverweigerung dieses Bedürfnis eine große Rolle. Bei Kindern ist es ansonsten schwieriger dieses Bedürfnis zu beschreiben, weil sich das Wertesystem erst im späteren Alter festigt. Kinder orientieren sich lange an den Werten der Eltern und an Werten der Peer Group.
Wenn Kinder keine oder zu wenig Konsistenz erleben:
entstehen die Mangelgefühle Wut, Enttäuschung und Ungerechtigkeitserleben. Die Mangelgefühle zeigen eindeutig, dass dies der Weg ist – beziehungsweise was Kinder brauchen, um glücklich zu sein!
Was brauchen Kinder um glücklich zu sein?
Es bedeutet vor allem zu lernen, das Verhalten des Kindes richtig zu deuten. Also die Bedürfnisse kennenzulernen. Und deinem Kind dazu passende Handlungsoptionen beizubringen. Das ist Anfangs gar nicht so leicht. Es gibt viele Eltern, die sich das Ziel setzen bedürfnisorientiert zu erziehen. Und es dann im Alltag aber trotzdem nicht klappt. Schreien, Drohen, Strafen werden ausgesprochen, obwohl du es gar nicht willst. Denn du brauchst auch für dich Handlungsoptionen die genau zu den Bedürfnissen deines Kindes passen und funktionieren.
Es geht auch darum, dich selbst besser kennenzulernen. Denn deine Erziehung muss auch zu dir passen. Die beste Technik dieser Welt, ist ein Fake, wenn du nicht voll und ganz dahinter stehst.
Ich helfe dir Lösungsansätze für dich und dein Kind auf eure Situation zuzuschneiden. Mit wirksamen Methoden, die in Studien nachgewiesen sind und mitwachsen.
Hier gibt’s Hilfe!
Tipps
Die Bedürfnisse von Kindern – mach dir folgendes bewusst
Viele unerwünschte Verhaltensweisen von Kindern resultieren aus einem unerfüllten Bedürfnis. Einem bedürftigen Kind ist es nämlich erst mal egal, ob es damit positive oder negative Aufmerksamkeit generiert. Hauptsache, die Eltern wenden sich ihm mit ganzer Aufmerksamkeit zu.
Die Bedürfnisse von Kindern nach Nähe, Sicherheit und Liebe
… müssen erfüllt sein, denn es ist untersucht und erwiesen, dass Kinder sich in ihrem Verhalten erst positiv verändern, fördern lassen und kooperativ sein können, wenn die Beziehungsebene gesichert ist.
Häufig triggert uns das Verhalten unserer Kinder am meisten, das uns in der Kindheit am vehementesten verboten wurde. Es ist jedoch nie die Schuld deines Kindes, wenn sein Verhalten dich triggert. Dein Trigger ist deine Verantwortung! Und nur du kannst daher daran arbeiten.
Damit du das kannst ist deine Selbstfürsorge unglaublich wichtig.
Klaus Grawe (2000) Psychologische Therapie.
Meredith F. Small (1999) Our Babies, Ourselves: How biology and culture shape the way we parent.
Meredith F. Small (2002) Kids: How biology and culture shape the way we raise young children.
Borg-Laufs, M. (2012). Die Befriedigung psychischer Grundbedürfnisse als Weg und Ziel der Kinder- und Jugendpsychotherapie. Forum für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie (S. 6-19).