
Bindungsorientierte Erziehung
Beispiele – gibt es Nachteile oder gerechtfertigte Kritik?
Du fragst dich, was bindungsorientiert Erziehen wirklich ausmacht. Ob es neben den Vorteilen nicht doch auch echte Nachteile gibt? Da bindungsorientierte Erziehung auch Kritik erfährt, möchtest du wissen, woher diese kommt, konkrete Beispiele, und warum in diesem Kontext aktuell auch der Rechtsextremismus genannt wird.
Ab jetzt geht es in diesem Artikel um:
Diesmal geht es um die bindungsorientierte Erziehung und ihre Kritik.
Nämlich “Kritik”, die durch Geschwurbel, extreme Bekenntnissse und falsche Interpretation entsteht. Denn wenn du für die bedürfnisorientierte Erziehung und bindungsorientiert Erziehen bist, ist es besonders wichtig, auch die Schattenseiten zu verstehen und sie damit entkräften zu können.
Was ist bindungsorientierte Erziehung?
Bindungsorientierte Erziehung basiert auf einer starken Verbindung zwischen Eltern und Kind. Sie fördert Sicherheit, Vertrauen und eine gesunde Entwicklung durch bedürfnisorientierte Interaktionen. Elemente wie Tragen, Stillen und achtsame Kommunikation spielen eine zentrale Rolle. Ziel ist es, eine stabile Bindung zu schaffen, die dem Kind langfristig individuelle Stärke und Kompetenzen vermittelt. Für viele Eltern ist es trotzdem schwer auch in Stresssituationen dabei zu bleiben. Und es gibt Gegenstimmen, die behaupten, dass eben diese Kinder zu “Tyrannen” werden würden.
Der englische Begriff für die bedürfnisorientierte Erziehung ist Attachment Parenting (AP).
Was ist Attachment Parenting?
Das sichert dem Kind:
Dazu erfährst du noch mehr im Artikel „wie entsteht eine sichere Bindung“, Beispiele und Quellenangaben.
Soweit, so klar – bindungsorientierte Erziehung hat sehr wichtige ernst zu nehmende Vorzüge. Woher kommt also Kritik?
Bindungsorientierte Erziehung: Kritik, aber welche?
Kritik für “bindungsorientiert Erziehen” gibt es gleich aus 4 Richtungen:
1. Bindungsorientierte Erziehung: Kritik – Evangelismus
Dr. William Sears, ein amerikanischer Kinderarzt, hat den Begriff Attachment Parenting (übrigens auch „High Need Kind“) durch seine 7 Baby B’s geprägt. Dazu kommen wir gleich.
Er und seine Frau Martha sind allerdings auch gläubige, evangelikale Christen. Dabei gibt es fragwürdige Denkweisen eben dieser Gemeinschaft:
Kinder dürfen körperlich diszipliniert werden, Homosexualität ist nicht „erlaubt“. Außerdem seien Christen anderen Menschen überlegen, es sei die einzig „richtige“ Religion. Und vieles mehr…
Bereits dadurch entstehen Berührungspunkte für “bindungsorientierte Erziehung und Rechtextremismus”.
Bindungsorientiert erziehen nach Dr. Sears – die 7 B’s
Laut Sears Definition “müssen” diese 7 Punkte beim Attachment Parenting gelebt werden. Dazu zeige ich dir im Anschluss auch die Kritik.
1. Birth Bonding – Verbindung nach der Geburt:
insbesondere mit Haut zu Haut Kontakt, sehr wichtig und produziert das Bindungshormon Oxytocin.Wichtig: das gilt jedoch nicht nur für die Mutter.
2. Breastfeeding – Stillen
3. Babywearing – Tragen:
Die Nähe und der Körperkontakt sind wichtig für das Bonding. Kinder werden damit nicht verwöhnt, was eine gängige Befürchtung ist.
4. Bedding close to baby – Familienbett
5. Belief in the language value of your baby’s cry – Nimm ein Weinen immer ernst!
6. Beware of baby trainers – Vorsicht vor diversen Baby Trainern:
Lerne dein Kind kennen und lass dir dabei gerne helfen, aber Tipps die Härte oder die Befürchtung des Verwöhnens signalisieren sind quasi immer falsch.
7. Balance:
Denn bedürfnisorientiert erziehen bezieht sich eben nicht nur auf die Babys oder Kinder, sondern auch auf die Eltern. Dadurch sind auch elterliche Bedürfnisse ebenso wichtig, wie die des Kindes.
2. Bindungsorientierte Erziehung: Kritik – durch die Ausgestaltung
A. Durch seine Vorgaben grenzt Sears aber Eltern aus, die in einzelnen Punkten anders verfahren. Was nicht unbedingt etwas schlechtes sein muss, denn in individuellen Familien kann es gute Gründe geben, die gegen die einzelnen B’s sprechen.
B. Auch gab er ursprüglich Frauen die alleinige Verantwortung für Babies: Laut Bindungsforschung profitieren Kinder jedoch von mehreren Bezugspersonen. Sears beeinflusst mit seiner Sichtweise auch die Gleichberechtigung unter Eltern und das hat enorme Nachteile. Mehr dazu erfährst du im Artikel zum Gender Pay Gap.
C. Außerdem könnte seine Definition bedeuten, bedürfnisorientiert gilt nur für Babys? Absolut nicht, denn die Nichterfüllung von Bedürfnissen hat selbst noch bei Erwachsenen ernstzunehmende Risiken.
D. “Bindungsorientierte Erziehung Kritik” bezieht sich häufig auch darauf, dass es für berufstätige Eltern einfach nicht machbar sei. Das ist jedoch Blödsinn. Denn egal wieviel Zeit du mit deinem Kind verbringst, sollte die gemeinsame Zeit eine hohe Qualität haben.
Es gibt aber noch eine weitere Entwicklungstendenz, die für die bindungsorientierte Erziehung ein Risiko darstellen kann:
3. Bindungsorientierte Erziehung: Kritik – durch Extreme in den Communities
Viele Eltern, die bedürfnisorientiert erziehen, befassen sich mit Alternativen. Sie wollen der langen Ära der autoritären Erziehung berechtigterweise ein Ende setzen. In den Communities sind „Alternativen“ aller Art zu finden: Impfgegner, Systemkritiker und auch weitere Baby- und Kinderrelevante Gruppen, wie baby-led-weaning (BLW), Kitafrei, Freilerner und vieles mehr.
Diese Themen haben jeweils eine Daseinsberechtigung. Doch vieles mischt sich unter bedürfnisorientierte Erziehung, wo die Zusammenhänge auch sehr entfernt oder gar nicht vorhanden sind.
Schwierig wird es insbesondere dann, wenn Entscheidungen anderer Eltern als „kategorisch falsch“ eingestuft werden. Und der Ton in einigen der bindungsorientiert erziehenden Communities ist diesbezüglich teils sehr scharf – leider.
Dabei benötigen Familien für sie individuell stimmige Lösungen, da jedes Kind und jede Familie unterschiedlich ist. Für alle gleiche Lösungen, funktionieren nie.
4. Bindungsorientierte Erziehung: Kritik – Zusammenhang Rechtsextremismus
Woher kommt der Zusammenhang Rechtsextremismus und bindungsorientierte Erziehung? Unzufriedenheit mit Systemen ist immer eine gute Basis für Rechtsextreme. Die Zeit online bewirbt relativ lange mit diesen Worten einen ihrer Artikel:
„Stillen, Familienbett, Kitaskepsis: Bindungsorientiertes Erziehen gilt als sanft und achtsam, ist aber auch westlich und elitär. Das spricht zunehmend Rechtsextreme an.“
Auch durch die Schnittmenge mit den bereits genannten evangelikalen Extremüberzeugungen.
Ein weit her geholter Bezug
Unterm Strich hat Rechtsextremismus nichts mit bindungsorientierter Erziehung zu tun. Auch wenn Nationalsozialisten Familienwerte gerne in der Propaganda nutzen.
Denn schlussendlich waren es auch die Nationalsozialisten die gezielt die Bindung zwischen Eltern und Kindern gestört haben. In meinem Artikel über die schwarze Pädagogik berichte ich darüber, wie Härte in der Erziehung absichtlich propagiert wurde. Unter anderem mit dem Ziel, folgsame Soldaten zu formen.
Aber es gibt andere ernstzunehmende Risiken bei der Erziehung, die du unbedingt kennen solltest:
Bindungsorientierte Erziehung – Nachteil: häufige Missverständnisse
Wenn eines dieser gängigen Missverständnisse dauerhaft gelebt wird, leben Eltern unsiwssentlich große Parallelen zur antiautoritären Erziehung. Und bewirken für ihre Kinder die damit nachgewiesenen Nachteile, nämlich: dass Selbstvertrauen, Explorativität und Selbstkontrolle sehr niedrig ausgeprägt sind, wie bereits Diana Baumrind erforschte.
Und genau das sind jedoch die Punkte, die wir mit der bedürfnisorientierten oder bindungsorientierten Erziehung bei unseren Kindern eigentlich stärken wollen.
Du willst die Balance für Regeln und Grenzen und eine liebevolle Zugewandtheit finden? Dauerhaft und eine Führung, die auch im Alltagsstress besteht (!) – dann bin ich für dich da!