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Bindungsorientierte Erziehung

Bindungsorientierte Erziehung

Beispiele – gibt es Nachteile oder gerechtfertigte Kritik?

Du möchtest verstehen welche Erziehung sinnvoll ist. Und fragst dich, was bindungsorientiert Erziehen ausmacht. Welche Vorteile gibt es? Da bindungsorientierte Erziehung auch Kritik erfährt, möchtest du wissen, woher diese kommt, konkrete Beispiele, und warum in diesem Kontext aktuell auch der Rechtsextremismus genannt wird.

Ab jetzt geht es in diesem Artikel um:

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Was ist das überhaupt – Bindungsorientiert Erziehen oder Attachment Parenting?
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Bindungsorientierte Erziehung: Vorteile, Nachteile und Kritik 
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Bindungsorientierte Erziehung und Rechtextremismus

In diesem Artikel gibt es mal ein ganz anderes Erziehungs-Review, als ich sie sonst schreibe. Und obwohl ich großer Fan der bindungsorientierten Erziehung bin, geht es diesmal vermehrt um die Schattenseiten für bindungsorientierte Erziehung & Kritik.

Nämlich “Kritik”, die durch Geschwurbel, extreme Bekenntnissse und falsche Interpretation kursiert. Denn wenn du für die bedürfnisorientierte Erziehung und bindungsorientiert Erziehen bist, ist es besonders wichtig, auch die Schattenseiten zu kennen, zu verstehen und sie damit entkräften zu können.

Was ist die bindungsorientierte Erziehung eigentlich?

Obwohl die bindungsorientierte Erziehung so viel Raum und Aufmerksamkeit erhält, ist sie offiziell keine der „anerkannten“ Erziehungsstile aus der psychologischen Entwicklungsforschung. Es gibt mehrere Modelle beispielsweise von Kurt Lewin oder Diana Baumrind, von denen folgende Begriffe stammen:

demokratische oder autoritative Erziehung
antiautoritär: die demokratische oder permissive Erziehung

Einen Überblick zu weiteren wichtigen Erziehungsstilen, die gut zu kennen sind, bekommst du in diesem Artikel.

Aber was ist jetzt der Unterschied und warum ist das im Kontext, bindungsorientiert Erziehen, überhaupt wichtig?

Die oben genannten Erziehungsstile sind durch ihre „Entdecker“ ganz klar definiert und wurden seit vielen Jahren erforscht.

Die Bindungsforschung initiiert von John Bowlby, Mary Ainsworth und James Robertson wirkt zwar stark auf die bindungsorientierte Erziehung ein, ABER der Begriff Attachment Parenting (AP), der englische Begriff für die bedürfnisorientierte Erziehung, wurde separat davon eingeführt. Das ist wichtig, weil einige der Kritikpunkte mit der Definition selbst zusammenhängen.

Attachment Parenting bzw. bindungsorientierte Erziehung

Dr. William Sears, ein amerikanischer Kinderarzt, hat den Begriff im Kontext mit Erziehung geprägt. Ich habe hier im Blog schon über seine Arbeit berichtet, da er auch die Definition „High Need Baby“ und „High Need Kind“ geschaffen hat.

„Bindungsorientiert erziehen, bedeutet dabei die Bindung zwischen Eltern und Kind in den Fokus zu stellen.“

Dafür gibt es aus der Bindungsforschung von Bowlby, Ainsworth und Robertson klare Anforderungen, was genau das bedeutet. Nämlich insbesondere bei Babys:

Prompt, zuverlässig und feinfühlig auf die Signale zu reagieren.
Bedeutet hohe elterliche Wärme, Zuwendung und sogenannte Responsivität.

Das sichert dem Kind:

bindungsorientierte Erziehung
Eine gute Entwicklungsbasisbasis, denn das Bindungsverhalten von Eltern prägt die Kinder ein Leben lang in vielerlei Hinsicht
bindungsorientierte Erziehung
Sicherheit, um frei explorieren und damit gut lernen zu können
bindungsorientierte Erziehung
Ein stabiles Urvertrauen
bindungsorientierte Erziehung
Dadurch spätere Unabhängigkeit & Selbstständigkeit
bindungsorientierte Erziehung
Positive Beziehungsmuster

Dazu erfährst du noch mehr im Artikel „wie entsteht eine sichere Bindung“. Insbesondere für Babys und Kleinkinder gibt es im verlinkten Artikel viele Beispiele und tiefergehende Quellenangaben.

Soweit, so klar – bindungsorientierte Erziehung hat sehr wichtige ernst zu nehmende Vorzüge. Woher kommt also Kritik?

Bindungsorientierte Erziehung: Kritik, aber welche?

Kritik für “bindungsorientiert Erziehen” gibt es gleich aus 4 Richtungen:

In Zusammenhang mit Dr. William Sears und dem Evangelismus
Kritik durch die Ausgestaltung und / oder
extremer werdenden Auffassungen
Bindungsorientierte Erziehung und der Zusammenhang mit Rechtsextremismus

Bindungsorientierte Erziehung: Kritik – Evangelismus

Dr. William Sears schreibt gute Bücher und setzt sich öffentlich für Kinder ein. Denn anders als in Deutschland, wo seit dem Jahr 2000 körperliche Strafen gegenüber Kindern verboten sind, sind sie aktuell in den USA in allen Staaten erlaubt.

Er und seine Frau Martha sind allerdings auch gläubige, evangelikale Christen. Christliche Extremformen also christlicher Fundamentalismus werden auch den Evangelisten zugeschrieben. Obwohl mit großer Sicherheit nicht jeder Evangelist die Extreme unterstützt, gibt es fragwürdige Denkweisen eben dieser christlichen Gemeinschaft:

Die Ehe gilt bis zum Tod, Kinder dürfen körperlich diszipliniert werden, Abtreibungen (auch bspw. nach Vergewaltigungen) sind nicht geduldet, Homosexualität ist nicht „erlaubt“. Außerdem seien Christen anderen Menschen überlegen, es sei die einzig „richtige“ Religion. Auch viele weitere Formen der Andersartigkeit von Menschen werden nicht toleriert.

Bereits dadurch entstehen Berührungspunkte “bindungsorientierte Erziehung und Rechtextremismus”.

Das heißt jedoch auch, alleine weil diese Weltanschauung durch Sears indirekt mit dem Attachment Parenting gekoppelt ist, stellt sich für manche die Frage, wie weit sie in seine Definition in die bedürfnisorientierte Erziehung eingeflossen ist.

Bindungsorientiert erziehen nach Dr. William Sears 

Dr. William Sears hat in seinen Büchern eine sehr klare Definition von Attachment Parenting, bindungsorientiert Erziehen, anhand von den sogenannten 7 Baby B-s. In dieser Definition liegen einige bedürfnisorientierte Erziehung Kritik -punkte, die ich dir gleich erklären werde.

Laut seiner Definition “müssen” diese 7 Punkte beim Attachment Parenting gelebt werden:

Birth Bonding – Verbindung nach der Geburt:

Lange Zeit war es üblich Mütter und Babys nach der Geburt zu trennen. Für die Bindung ist jedoch das gemeinsame Kuscheln – idealerweise sofort – insbesondere mit Haut zu Haut Kontakt, sehr wichtig und produziert das Bindungshormon Oxytocin. Sears leistet einen wichtigen Beitrag darauf hinzuweisen.

Wichtig: das gilt jedoch nicht nur für die Mutter. Der Vater und weitere Bindungspersonen können genauso kuscheln und die wichtige initiale Bindung festigen. Weitere Bezugspersonen sind übrigens auch für die Kinder von Vorteil.

In initialen Äußerungen von Sears adressiert er jedoch die Mütter und übergibt ihnen gewissermaßen die alleinige Verantwortung für die Babys (was übrigens einem typischen Rollenbild der Evangelisten entspricht). Die Bindungsforschung zeigt hingegen längst auch Vorteile, wenn beide Eltern oder mehrere gut gebundene Bindungspersonen sich um Babys und Kinder kümmern.

Dr. Sears ursprüngliche Definition der bindungsorientierten Erziehung wird dadurch als Risiko für die Gleichberechtigung von Eltern, der Berufstätigkeit von Müttern und den daraus resultierenden Folgen aufgefasst. Denn beispielsweise hier im deutschsprachigen Raum verdienen Mütter von 2 Kindern im Durchschnitt auf das gesamte Leben gerechnet 1 Million (!) Euro weniger als Väter von 2 Kindern. Das bedeutet ein 62,5% geringeres Lebenseinkommen. Mehr dazu und der dazugehörigen Studie erfährst du im Gender Pay Gap Artikel.

Breastfeeding – Stillen:

Sears hat das Stillen explizit und eigenständig als eines der 7 Baby C’s genannt. Hieße das Mütter, die nicht stillen, seien schlechtere Mütter nach seiner Definition?

Stillen hat in der Tat viele Vorteile für Mütter und Kinder und trägt zum bonding, der Bindung auch außerhalb vom Attachment Parenting bei. Ich selbst habe auch lange gestillt. Dennoch gibt es auch gute Gründe für Mütter nicht zu stillen, und diese Mütter dürfen deswegen nicht verteufelt werden oder Vorwürfe bekommen.

Babywearing – Tragen:

Trgen ist also auch einer der Grundpfeiler der bindungsorientierten Erziehung nach Sears.

Die Nähe und der Körperkontakt sind wichtig für das Bonding, insbesondere umso kleiner das Baby ist. Tragen erlaubt es Eltern auch währenddessen anderen wichtigen Tätigkeiten nachzugehen. Per se eine super Sache für viele Eltern und Babys. Manchmal können Eltern, die ihre Kinder sehr viel tragen, möglicherweise Startphasen der Autonomie übersehen. In Bezug auf den Zeitpunkt, wenn Babys langsam starten selbstständig die Welt erkunden zu wollen.

Gegen Tragen spricht jedoch nichts, wenn du dich gut informiert hast, wie das Baby korrekt ergonomisch getragen werden kann. Kinder werden damit nicht verwöhnt, was eine gängige Befürchtung ist. Wenn Eltern und Bezugspersonen aufmerksam für das Bedürfnis nach Autonomie sind und dies erkennen, besteht beim Tragen überhaupt kein Risiko.

Bedding close to baby – Familienbett:

Sears Message ist auch in diesem Punkt eindeutig. Ohne Familienbett ist es laut ihm keine bindungsorientierte Erziehung. In den USA ist es lange Zeit sehr üblich gewesen, dass Babys zur Vermeidung des plötzlichen Kindstodes, quasi sofort nach der Geburt, alleine schliefen. Das ist aus heutiger Studiensicht gar nicht sinnvoll. Auch dieser Punkt der 7 Baby C’s ist also wichtig.

Co-Sleeping / Familienbett ist tatsächlich ein Schutz vor dem plötzlichen Kindstod. Hier hat sich das Verständnis in den letzten Jahren komplett gewendet. Allerdings immer unter der Voraussetzung, dass die Eltern keine Raucher sind, keine Drogen oder Medikamente zu sich nehmen und für das Baby zu weiche Unterlagen, auch Decken, Kissen und sonstige Risiken entfernt werden.

Belief in the language value of your baby’s cry – wenn dein Baby weint, ist das ein ernstzunehmendes Signal:

Das ist mein Lieblingspunkt der 7 Baby C’s. Und egal ob du bindungsorientiert erziehen willst, oder eben auch nicht, solltest du ihn unbedingt berücksichtigen. Denn Babys senden Signale mit der Körpersprache und der Mimik. Üblicherweise erst, wenn diese nicht angenommen werden, weinen sie. Oder aber wenn das Bedürfnis oder das Bindungsverhalten so stark ist, dass sie es nicht anders als durch Weinen kommunizieren können. Es ist also wichtig!

Es gibt demnach keinen Grund ein weinendes Baby nicht zu trösten. Babys können nicht verwöhnt werden. Wenn ein Baby weint, dann hat es einen Grund dafür. So einfach ist diese Nachricht und absolut wichtig und richtig.

Beware of baby trainers – Vorsicht vor diversen Baby Trainern:

Schlaftrainings bspw. haben lange Zeit auf Schreien lassen von Babys gesetzt. Das ist eine unvorstellbare Tortur für ein Baby und zerstört sein Vertrauen in die Eltern, andere Bezugspersonen und steht im Widerspruch zur Entstehung des wichtigen Urvertrauens. Deswegen ist es auch hier eine ganz wichtige Botschaft, die Sears an Eltern sendet: Lernt eure Kinder kennen, gebt ihnen, was sie brauchen und glaubt daran, dass ihr es gemeinsam schaffen werdet. Lasst euch von Außenstehenden nicht verunsichern.

Balance – Ausgeglichenheit:

Dieser siebte Punkt ist es, in dem häufig Unsicherheit Kritik und Diskussion rundum Sears Definition von Attachment Parenting entsteht:

Denn bedürfnisorientiert erziehen bezieht sich eben nicht nur auf die Babys oder Kinder, sondern auch auf die Eltern. Dadurch sind auch elterliche Bedürfnisse ebenso wichtig, wie die des Kindes.

Viele Bezugspersonen fragen sich jedoch, wie das überhaupt gehen soll. Denn Sears macht ja durchaus sehr klare Vorgaben in den ersten 6 Punkten, was nach seiner Definition gegeben sein muss, um bindungsorientiert Erziehen zu können.

In fast allen Familien werden jedoch viele weitere Anforderungen an die Eltern gestellt (Haushalt, Arbeiten, Freunde, Freizeit), wie soll das gehen? Das ist die Frage, um die es sich auch häufig in meiner Beratung rundum Familie und Beruf dreht.

Denn diese Frage ist pauschal gar nicht einfach zu beantworten. Jedes Kind ist unterschiedlich, die Eltern auch und die Rahmenbedingungen sowieso. Daher muss jedes Modell für die „richtige Erziehung“ genug Spielraum geben, damit Familien es an ihre Situation anpassen können.

Die bedürfnisorientierte Erziehung & Kritik daran entstehen in vielerlei Hinsicht in der Ausgestaltung:

Denn Dr. Sears hat mit den ersten 6 Baby B’s gewissermaßen vorgegeben, was „richtig“ oder „falsch“ sei und demnach ist Punkt 7 dann in mancher Perspektive ein Wiederspruch. Ich persönlich deute es jedoch nicht so. Ein schwieriger Punkt der 7 Baby C’s ist er damit durchaus aber rechtfertigt dennoch nicht wirklich schwerwiegende “bindungsorientierte Erziehung Kritik”.

Es gibt aber noch eine weitere Entwicklungstendenz, die für die bindungsorientierte Erziehung ein Risiko darstellen kann:

Kritik durch Extreme in den Communities: bindungsorientierte Erziehung

Die bindungsorientierte Erziehung hat wegen der vielen Vorteile berechtigterweise viele AnhängerInnen. Es gibt online und offline Communities. Allerdings ist es wie mit vielen guten Dingen, dass manche Bewegungen als Extreme ausarten, als die sie gar nicht gedacht sind.

Viele Eltern, die bedürfnisorientiert erziehen, befassen sich mit Alternativen. Liegt in der Natur der Sache. Viele wollen der langen Ära der autoritären Erziehung – diese steht für Härte gegenüber Kindern, Unterdrückung, Strafen und mangelnde Individualität – berechtigterweise ein Ende setzen. In den Communities sind darüber hinaus „Alternativen“ aller Art zu finden: Impfgegner, Systemkritiker und auch weitere Baby- und Kinderrelevante Gruppen, wie baby-led-weaning (BLW), Kitafrei-Anhänger, Freilerner und vieles mehr.

Versteh mich bitte nicht falsch, ich sage nicht, dass die Themen keine Daseinsberechtigung haben. Es gibt durchaus einiges zu bemängeln an vielen bestehenden Systemen mit denen unsere Kinder in Berührung kommen. Konstruktive Kritik und Gegenstimmen sind daher durchaus notwendig, um Verbesserung zu treiben. Doch da verschwimmen auch die Grenzen, denn vieles mischt sich unter bedürfnisorientierte Erziehung, wo die Zusammenhänge auch sehr entfernt oder gar nicht vorhanden sein können.

Schwierig wird es insbesondere dann, wenn Momshaming betrieben wird, Entscheidungen anderer Eltern als „kategorisch falsch“ eingestuft werden und auf dogmatische Lösungen abgezielt wird. Und der Ton in einigen der bindungsorientiert erziehenden Communities ist diesbezüglich teils sehr scharf – leider.

Dabei benötigen Familien für sie individuell stimmige Lösungen, da jedes Kind und jede Familie unterschiedlich ist. Für alle gleiche Lösungen, funktionieren nie. Und darauf setzt der vierte und letzte Punkt im Kontext der Kritik auf:

Rechtsextremismus und bindungsorientierte Erziehung

Woher kommt der Zusammenhang Rechtsextremismus und bindungsorientierte Erziehung? Unzufriedenheit mit Systemen ist immer eine gute Basis für Rechtsextreme. Die Zeit online bewirbt relativ lange mit diesen Worten einen ihrer Artikel:

„Stillen, Familienbett, Kitaskepsis: Bindungsorientiertes Erziehen gilt als sanft und achtsam, ist aber auch westlich und elitär. Das spricht zunehmend Rechtsextreme an.“

Denn es bedarf ja in der Tat Privilegien den Lebensstil „Bedürfnisorientierte Erziehung“ in einer sehr ausgeprägten Form pflegen zu können. Auch gibt es eine gewisse Schnittmenge mit den bereits genannten evangelikalen Extremüberzeugungen und Überzeugungen des Rechtsextremismus.

Ein weit her geholter Bezug

Unterm Strich neige ich selbst daher dazu zu sagen, dass Rechtsextremismus nichts mit bindungsorientierter Erziehung zu tun hat. Auch wenn Nationalsozialisten Familienwerte gerne in der Propaganda nutzen.

Denn schlussendlich waren es auch die Nationalsozialisten die gezielt die Bindung zwischen Eltern und Kindern gestört haben. In meinem Artikel über die schwarze Pädagogik berichte ich darüber, wie Härte in der Erziehung absichtlich propagiert wurde. Unter anderem mit dem Ziel, folgsame Soldaten zu formen.

Vielleicht sagt dir diesbezüglich der Name Johanna Haarer etwas: Zu Nazizeiten schrieb sie damals das Buch „Die Deutsche Mutter und ihr erstes Kind“. In diesem Buch wird dazu geraten Mütter und Kinder gleich nach der Geburt für 24 Stunden zu trennen. Das Baby nicht zu stillen oder auf den Arm zu nehmen, wenn es weint und „Dass es genüge Kinder anzuziehen, zu füttern und zu wickeln. Jegliche Nähe und Wärme war verboten, denn dadurch würden Kinder zu Tyrannen. Schreien kräftige die Lungen.“ Dies sind menschenverachtende Grundlagen für die Erziehung von Kindern.

Und nochmal die autoritäre, schädliche Erziehung wurde systematisch durch Nationalsozialisten propagiert, um folgsame Menschen zu formen. Mehr dazu erfährst du in meinem Bericht über die schwarze Pädagogik.

Das Buch von Johanna Haarer wurde leider dennoch millionenfach verkauft. Leider auch noch bis 1978. Fürchterlich. Viele heutige Annahmen, dass Härte in der Erziehung notwendig sei, beruhen auf genau diesem Buch. Derartige „Tipps“ bekommen manche Eltern noch heute und auch die „transgenerationale Weitergabe“ spielt mit ein. Das bedeutet, derartige falsche, aber verinnerlichte Annahmen wurden unbewusst von unseren Großeltern an unsere Eltern, und im Anschluss von ihnen an uns und evtl. von dir an deine Kinder weitergegeben. Daher kommt übrigens der Hashtag „cycle breaker” in Social Media in Bezug auf Erziehung.

Bindungsorientierte Erziehung: Nachteile

Als Antwort auf die durch die Nationalsozialisten propagierte autoritäre Erziehung gab es die antiautoritäre Erziehung. In den 60er und 70er Jahren war die antiautoritäre Erziehung recht verbreitet.

In den Grundsätzen und Zielen ist die Art der der antiautoritären Erziehung in der Theorie eine tolle Sache. Kinder sollten Freiheit erleben, Selbstbestimmung und sich möglichst gut entwickeln können.

Schon zuvor davor, und vor allem ab den 80ern, boomte die Entwicklungsforschung und die Definition verschiedener Erziehungsstile:

Man erkannte zum einen die enormen negativen Folgen der autoritären Erziehung. Zum anderen aber auch, dass fehlende Struktur und Grenzen in der antiautoritären Erziehung für Kinder fehlende Orientierung bedeuten und auch enorme Nachteile mit sich bringen. Denn eine Erziehung ohne jegliche Regeln und Grenzen führt dazu, dass bei den Kindern Selbstvertrauen, Explorativität und Selbstkontrolle sehr niedrig ausgeprägt sind (Diana Baumrind).

Das Ziel dieser Art der Erziehung wird mit der antiautoritären Erziehung also gar nicht erreicht. Das ist auch in dem Kontext bindungsorientierte Erziehung & Nachteile relevant:

Es gibt in der bindungsorientierten Erziehung ein häufiges Missverständnis:

Manche Eltern opfern sich für ihre Kinder regelrecht auf. Ihre eigenen Bedürfnisse werden immer hintenangestellt. Aus einer falsch verstandenen Bedürfnisorientierung heraus.
Dabei ist es jedoch für Kinder alters- und entwicklungsgerecht, wichtig zu lernen, auf andere Rücksicht zu nehmen. Nicht zuletzt lernen Kinder durch Vorleben und lernen somit auch ihre eigenen Grenzen zu wahren und nicht zu übergehen. Das lernen sie jedoch nicht, wenn du beständig vorlebst deine eigenen Grenzen stets zu übergehen.
Eine explizit falsch verstandene bedürfnisorientierte Erziehung kann daher bedeuten, dass Eltern ihren Kindern jeden Wunsch erfüllen und sich selbst vergessen.
Beides ist jedoch nicht sinnvoll, denn ein Wunsch ist nicht dasselbe wie ein Bedürfnis.

Wenn eines dieser gängigen Missverständnisse jedoch dauerhaft gelebt wird, leben Eltern große Parallelen zur antiautoritären Erziehung nach. Und bewirken für ihre Kinder die damit assoziierten Nachteile, nämlich: dass Selbstvertrauen, Explorativität und Selbstkontrolle sehr niedrig ausgeprägt sind, wie bereits Diana Baumrind erforschte. Und genau das sind jedoch die Punkte, die wir mit der bedürfnisorientierten oder bindungsorientierten Erziehung stärken wollen und können, wenn uns die möglichen Missverständnisse bewusst sind.

Bindungsorientiert Erziehen – Vorteile

Damit die vielen Vorteile der bindungsorientierten Erziehung eine Chance haben, reicht es jedoch eigentlich schon, sich die möglichen Nachteile und Stolpersteine bewusst zu machen. Deswegen hast du diese nun ausführlich kennengelernt. Aus Sicht der Wissenschaft ist übrigens die autoritative Erziehung, diejenige, die am Erfolgversprechendsten ist. Und diese kann man durchaus bindungsorientiert und bedürfnisorientiert gestalten.

Du suchst noch bindungsorientierte Erziehung – Beispiele? Vorteile und Beispiele für die bindungsorientierte Erziehung nenne ich dir in meinem separaten Artikel über die „bedürfnisorientierte“ Erziehung. Denn nur EINES von FÜNF sozialen Bedürfnissen, ist das Bedürfnis nach Bindung.

Du suchst mehr Infos?

Willst du deine eigene Balance zwischen den Bedürfnissen deiner Kinder und deinen eigenen Bedürfnissen finden? Dann interessiert dich eventuell mein Coaching oder meine Trainings dazu. Melde dich doch einfach unverbindlich für ein kostenfreies Erstgespräch.

Deine Marina Eltern und Karriere Coaching

Tipps und Übungen

Verdeutliche dir immer wieder:

Was Kinder brauchen
dass Risiken der bindungsorientierten Erziehung

durch Missverständnisse der eigentlich angedachten Ansätze entstehen. Wenn du Wünsche deines Kindes mit Bedürfnissen verwechselst, dann ist Kritik wichtig und richtig. Denn sie zeigt dir auf, was du verbessern kannst, ohne auf eine gute Beziehung zu deinem Kind verzichten zu müssen.

Was Kinder brauchen
dass Kinder Grenzen brauchen

das zeigen diverse Studien. Und die Frage ist, wie du diese umsetzt. Nämlich mit zugewandter Offenheit gegenüber deinem Kind. Das ist eine Grundvoraussetzung, damit Kinder explorieren können. Du gibst deinem Kind damit einen sicheren Rahmen und Orientierung, in dem es sich bewegen kann.

Was Kinder brauchen
Viele andere Kritikpunkte gegenüber der bedürfnisorientierten Erziehung

sind aus der Luft gegriffen. Es lohnt sich dennoch genau hinzuhören, und zu verstehen woher die Kritik kommt. Häufig sind es Gegenstimmen, die wertvolle Verbesserungen offenlegen.

Von Marina Bernardo

Gründerin von Coachiba, Unternehmerin und zweifache Mama.

Alle Coachiba Blogbeiträge sind selbst verfasst und umfangreich recherchiert – ergänzt mit Tipps aus meiner Tätigkeit als Beraterin und Coach. Da im Netzt immer mehr Inhalte reiner KI-Tool Produkte auftauchen, ist es mir wichtig das bewusst zu machen.

Viel Spaß beim Lesen!

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