Was sind Rasenmäher Eltern?
Was bewirken sie bei ihren Kindern?
Unter dem Begriff Helikopter Eltern kann man sich vielleicht schon etwas vorstellen – der Hubschrauber, der ständig um das Kind kreist. Aber was kann man sich unter der Definition Rasenmäher Eltern vorstellen? Deswegen findest du hier auch Beispiele mit Handlungen von Rasenmäher-Eltern und wie man sie alternativ lösen könnte.
In diesem Blogpost erfährst du:
Was sind Rasenmäher Eltern – Definition einer neuen Spezies?
Rasenmäher Eltern sind Eltern, die ihrem Kind alle Hindernisse aus dem Weg räumen, bevor es sie selbst bewältigen muss. Sie mähen also per Definition vorsorglich alles weg und rollen quasi in alle Richtungen einen makellosen Golfrasen aus.
Sie greifen dazu stark in das Leben ihres Kindes ein, um Schwierigkeiten, Frustration oder Misserfolg zu vermeiden. Dadurch kann es dem Kind an Eigenverantwortung und Problemlösungskompetenz fehlen. Der Begriff beschreibt eine noch intensivere Form des Helikopter-Elternstils.
Das bedeutet in der Realität häufig auch, dass die Zukunft des Kindes bestens durchgeplant ist. Die Ausbildung, das Studium, der berufliche Werdegang sind häufig schon klar. Denn die Rasenmäher-Eltern wissen, “was gut für ihr Kind ist”. Und neu ist das keineswegs.
Rasenmäher-Eltern folgen dabei ihrem Wunsch, den Nachwuchs zu beschützen. Sie wollen ihren Kindern häufig etwas ermöglichen, ihnen Enttäuschungen ersparen. Aber: Funktioniert das?
Welche Auswirkungen bewirken Rasenmäher Eltern?
Den betroffenen Rasenmäher-Eltern ist nicht bewusst, dass ihr Verhalten den Kindern schaden kann. Denn wer Entscheidungen für das Kind fällt, Kindern jedes Hindernis aus dem Weg räumt und jede Enttäuschung erspart, nimmt ihnen auch Chancen, wichtige Kompetenzen zu erlernen. Die folgenden Eigenschaften können bei Kindern mit Rasenmäher Eltern daher schlecht(er) ausgeprägt sein:
Das sind ja gerade die Dinge, die wir bei unseren Kindern stärken wollen.
Wenn du dich jetzt selbst oder eine dir nahestehende Person (anteilig) in der Definition Rasenmäher Eltern wiedererkennst: Mache dir keine Vorwürfe. Und halte dir oder der betroffenen Person das Verhalten nicht negativ vor. Denn die meisten Rasenmäher Eltern haben sehr gute und häufig auch belastende Gründe für ihr Vorgehen. Dazu kommen wir später nochmal zurück.
Unterschied – Helikopter Eltern und Rasenmäher Eltern
Helikopter und Rasenmäher Eltern wollen das Beste für ihre Kinder – sie wollen sie in erster Linie beschützen. Während Helikopter-Eltern sich zwar sehr stark auf ihren Nachwuchs fokussieren und sich fürsorglich um sie kümmern, gehen Rasenmäher-Eltern einen Schritt weiter.
Rasenmäher Eltern kümmern sich nicht in der jeweiligen Situation „zu sehr“ um das Kind, sondern sorgen dafür, dass ihr Kind gar nicht erst in eine solche Situation gerät.
Die Gedanken der Rasenmäher Eltern kreisen daher im Voraus darum, was ihrem Kind passieren oder im Weg stehen könnte. Das ist also auch für die Rasenmäher Eltern selbst ein belastender Prozess, durch ständiges vorausschauen, planen, intervenieren. Häufig kennen sie auch in beruflichen Situationen die Herausforderungen durch Perfektionismus oder das Imposter Syndrom (nie genug zu leisten).
Drei Rasenmäher Eltern Beispiele
Zur Veranschaulichung der Rasenmäher Eltern Definition. Rasenmäher Eltern mähen üblicherweise, wenn es um wichtige Dinge geht, wie zum Beispiel die Schule. Deswegen ist ihr Einschreiten durchaus nachzuvollziehen, übersteigt aber, was zu diesem Zeitpunkt angebracht wäre.
1. Der Spielplatz
Henriette Helikopter und Ronja Rasenmäher treffen sich mit ihren Söhnen, Hans und Rudi, auf dem Spielplatz. Ein anderes Kind steuert auf den 4-jährigen Hans zu, der gerade im Sandkasten buddelt. Der Junge nimmt Hans’ Eimer, Hans wird unruhig, Tränen steigen in seine Augen. Henriette ist sofort zur Stelle und erklärt dem Jungen, dass er Hans den Eimer zurückgeben müsse. Erleichtert nimmt Hans den Eimer und spielt weiter.
Rudi hat in der Zwischenzeit Kastanien gesammelt und auf der Parkbank aufgelegt. Andere Kinder beäugen die braunen Kugeln interessiert. Ronja entgeht das nicht – also räumt sie Rudis Kastanien in seinen blauen Eimer und geht mit Rudi und den Kastanien an das andere Ende des Spielplatzes. Damit die anderen Kinder Rudi nicht stören, Kastanien klauen und ihr Sohn zu weinen beginnt.
Was haben beide Situationen gemeinsam?
Die Mütter greifen frühzeitig und abschließend in soziale Dynamiken zwischen Kindern ein und nehmen ihren eigenen Kindern so die Möglichkeit, sich altersgerecht damit auseinanderzusetzen, dazuzulernen und ihre sozialen Kompetenzen weiterzuentwickeln.
Wo liegt der Unterschied?
Während Henriette Helikopter in eine Situation eingreift, um ihren sichtlich traurigen Sohn zu unterstützen, sorgt Ronja Rasenmäher schon im Vorfeld dafür, dass ihr Sohn gar nicht erst in eine Situation gerät, die ihm Kummer, gegebenenfalls aber auch Freude durch das Spiel mit anderen, bereiten könnte. Somit hat Rudi nicht die Chance, diese Gefühle zu spüren und zu lernen, wie man damit umgeht.
Wie gelingt eine Lösung ohne Helikoptern oder Rasenmähen?
Wenn du siehst, dass dein Kind bereits traurig wird, ist es durchaus berechtigt schon zu deinem Kind zu gehen. Idealerweise leitest du die beiden Kinder an, gemeinsam eine Lösung zu finden. Damit die Kinder lernen selbstständiger Lösungskompetenzen anzuwenden. Das braucht in dem Moment mehr Zeit, zahlt sich langfristig aber enorm aus.
2. Die Übernachtungsparty
Hans und Rudi sind nun schon einige Jahre älter und bereits in der Schule. Sie haben einen engen Freundeskreis. Sie sind beide zu einer Übernachtungsparty bei einem guten Freund eingeladen. Dort waren die beiden schon mehrfach zuhause.
Ronja Rasenmäher versichert Rudi, er solle sich gleich melden, wenn er abgeholt werden möchte.
Henriette Helikopter entscheidet, dass ihr Sohn Hans noch nicht so weit sei. Er bekommt zuhause eine Einschlafbegleitung. Das kann nicht gut gehen. Deswegen geht er gar nicht zur Party.
Was wäre in einer derartigen Situation wichtig?
Für viele Kinder sind die ersten Übernachtungspartys eine große Sache. Und auch ein tolles Erlebnis.
Idealerweise kann man die Kinder in die Entscheidungsfindung mit einbeziehen. Dabei ist es wichtig, darauf zu achten, es dem Kind gegenüber nicht mit einer negativen Annahme zu belegen. “Weil du ja eh nach Hause kommen willst, sag den Eltern dort Bescheid, wenn ich dich holen soll.” Falls du dazu tendierst dich so auszudrücken, signalisierst du deutlich, dass es nicht klappen wird.
Du kannst durchaus fragen: “Was brauchst du, um dich wohlzufühlen? Möchtest du dein Kuscheltier mitnehmen?” Und selbstverständlich mit den Eltern und Kind besprechen, dass sie sich melden, wenn dein Kind abgeholt werden möchte.
Denn dein Kind darf sich immer auf deinen Rückhalt verlassen: da zu sein, wenn es dich braucht, macht dich nicht zum Helikopter oder zum Rasenmäher. Dein Kind entscheidet mit, wann dieser Zeitpunkt gekommen ist.
3. Das Referat – Vorbereitung mit Rasenmäher-Eltern
Ein weiteres Beispiel mit nochmal älteren Kindern: Rasenmäher-Eltern sind auch jene Eltern, die ihren Kindern nicht zeigen, wie man ein gutes Referat für die Schule vorbereitet – sondern jene, die es direkt selbst vorbereiten. Klassische Definition Rasenmäher Eltern.
Wenn dein Kind sehr nervös oder unsicher ist, könnt ihr ja durchaus zuhause zusammen üben. Eine Show inszenieren, eine kleine Party für die erfolgreiche Übung feiern. Deinem Kind, wo nötig, Unterstützung bieten und zeigen dass du in seine beziehungsweise ihre Fähigkeiten vertraust.
Fünf Gründe, warum es Rasenmäher Eltern gibt
Aus meiner Erfahrung im Elterncoaching gibt es 5 Kerngründe, die eigenständig oder auch miteinander vermischt, beeinflussen, warum Eltern sich zu Rasenmäher-Eltern entwickeln:
1. Ungewöhnliche Herausforderungen
Eltern, die vor oder mit ihren Kindern schweres erlebt haben: Kinderwunschbehandlungen, Fehlgeburten, Komplikationen in Schwangerschaft oder bei der Geburt, postpartale Depressionen, Frühgeburten, Schreibabys, High Need Kinder, diagnostizierte Besonderheiten, wie ADHS, Hoch- oder Minderbegabungen (wenn du zu einem dieser Themen mehr Infos suchst, findest du hier viele Artikel im Blog dazu). Dies sind stark prägende Umstände, die das Umfeld häufig nicht kennt. Das Umfeld sieht nur das Resultat und bewertet es. Das Rasenmähen. Aber jeder Rasenmäher hat gute Gründe, den Rasen flach zu halten.
2. Falsch verstandene bedürfnisorientierte Erziehung
In den letzten Jahren ist das Wissen, rundum bedürfnisorientierte Erziehung und deren Vorzüge stark gewachsen. Das ist großartig. Quellen und Tipps finden sich überall im Internet.
Allerdings kommen vor allem in kurzen Social Media Auftritten, denk an Instagram Posts und Reels, häufig die Hintergründe und die Stolpersteine zu kurz.
Etwas, das mir regelmäßig begegnet, ist das Missverständnis, dass Kindern in der bedürfnisorientierten Erziehung jeder Wunsch erfüllt wird. Und / oder das Kind über allem steht. Das ist jedoch nicht zielführend – lies dazu gerne hier im Blog die Artikel zu den wissenschaftlichen Erkenntnissen verschiedener Erziehungsstile.
3. Einflüsse veralteter Erziehungsmethoden!
Wir alle sind beeinflusst durch den Erziehungsstil den wir erlebt haben. Das nennt man transgenerationale Weitergabe.
Ein prozentual großer Anteil der Eltern, der auf über 50% geschätzt wird, wird nach wie vor stark von der schwarzen Pädagogik geprägt. Dazu gibt es den verlinkten Artikel, der erklärt, was das überhaupt ist, woher es kommt und was es bewirkt. In Kürze ist es ein stark autoritäres Vorgehen, was den Kindern wenig Entscheidungsfreiraum und Gestaltungsmöglichkeit zugesteht. Die Eltern entscheiden, das Kind führt aus.
4. Eigene traumatische Erfahrungen
Die den Wunsch beeinflussen, das eigene Kind vor ähnlichen Erlebnissen zu schützen. Denn schlechte Erfahrungen mit den eigenen Eltern, der Schule, der Berufswelt und vielem mehr können für einen Knick im Urvertrauen sorgen. Der durchaus auch Überreaktionen bewirken kann. Ich bin mit dem Begriff Überreaktion, jedoch vorsichtig, weil die Trennlinie zum letzten Punkt nicht scharf ist:
5. Kindgerechte Möglichkeiten zur Entwicklung
Von unseren Kindern wird in vielerlei Hinsicht erwartet, dass sie in einem recht starren System gut kooperieren. Das lässt Kindern und Eltern, aber auch Schulen und Kitas und der späteren Ausbildung wenig Freiheiten.
Denn fehlende Investitionen, Kitaplätze und Personal in der Betreuung aber auch bei LehrerInnen sind Realität und wirken sich negativ auf die Qualität aus. Und das Schulsystem, das in den Pisa Studien zwar überdurchschnittlich, aber deutlich hinter den besten, abschneidet, hat Modernisierungsbedarf.
Die Berichte über finanzielle Instabilität, Krieg, nicht zuletzt die Corona Pandemie, sorgen für ein Gefühl der Machtlosigkeit und Unsicherheit. Wodurch Eltern die Bereiche, die sie beeinflussen können, eventuell auch übermäßig stark kontrollieren, um ein Gefühl der Sicherheit für sich und die eigenen Kinder zu erzeugen.
Rasenmäher Eltern brauchen daher oft Unterstützung und keine Belehrung.
Du wünschst dir Hilfe ohne Vorurteile?
Hier findest du wirksame Lösungen, für dich und dein Kind. Ich, Marina, helfe dir gerne!
Tipps und Übungen
Verdeutliche dir immer wieder:
Rasenmäher Eltern kümmern sich nicht in der jeweiligen Situation „zu sehr“ um das Kind. Sie sorgen schon vor, bevor Konfliktpotenzial überhaupt eintritt.
Auch Entscheidungen eigenständig treffen zu können. Sie bauen dadurch soziale Kompetenzen, wie Problemlösungsfähigkeiten, eine positive Fehlerkultur und viele weitere wichtige Kompetenzen auf.